Welchen Einfluss Tageslicht und Dunkelheit auf die innere Uhr haben
Der zirkadiane Rhythmus und die Chronobiologie
Wachheit und Schlaf sind die deutlichste Ausprägung des so genannten „zirkadianen Rhythmus“: bei vielen Lebewesen gibt es einen (nahezu) 24-stündigen Rhythmus, dem Funktionen, Abläufe und Mechanismen im Körper folgen. 2017 wurde der Nobelpreis für Medizin an Jeffrey C. Hall, Michael Rosbash und Michael W. Young verliehen. Die Forscher arbeiten im Bereich der Chronobiologie und setzen sich mit der Frage auseinander, inwiefern in Lebewesen eine innere Uhr den Takt angibt. Sie hatten bei einer Fruchtfliege molekulare Mechanismen nachweisen können, die den sogenannten zirkadianen Rhythmus steuern.
Einer der führenden Forscher zum Thema Chronobiologie in Deutschland ist Dr. Dieter Kunz. Als Chefarzt für Schlaf- und Chronomedizin im St. Hedwig-Krankenhaus in Berlin erforscht er das Funktionieren dieses körpereigenen Rhythmus beim Menschen. Dabei setzt er sich damit auseinander, wie diese Uhr gesteuert wird und welche Risiken entstehen, wenn sie nicht funktioniert. „Jede einzelne Zelle unseres Körpers hat ihren eigenen 24-Stunden Rhythmus“, erklärt er im Interview mit VELUX. „Wir sind ein riesiges Schweizer Uhrwerk.“
Wesentlicher Taktgeber dieser inneren Uhr ist das Licht – genauer gesagt ein passendes Zusammenspiel aus Licht und Dunkelheit. Die richtige Dosis an Tageslicht im Verlauf eines stabilen Hell-Dunkel-Zyklus ist entscheidend für einen gesunden Biorhythmus und unser biologisches Gleichgewicht. Dieter Kunz bestätigt das: „Licht ist der wichtigste Einflussfaktor an der Stelle auf das System der inneren Uhren.“ Tageslicht als Therapie wird aufgrund seiner gesundheitsfördernden Wirkung häufig in der Medizin eingesetzt.
Das Zusammenspiel aus Licht und Dunkelheit ist entscheidend für einen gesunden Biorhythmus und unser biologisches Gleichgewicht.
Tageslicht stellt die innere Uhr
Tageslicht ist ein physiologisches und psychologisches Stimulans. Es steigert die Wachheit, hebt die Stimmung und das Wohlbefinden, verbessert unsere Produktivität und Lernfähigkeiten. Es ist außerdem der vom menschlichen Körper genutzte grundlegende Antrieb für die Regulierung des Schlaf-Wach-Rhythmus.
Man hat lange unterschätzt, eine wie große Wirkung Licht auf den Menschen und den zirkadianen Rhythmus hat. Ausschlaggebend für die Steuerung der inneren Uhr sind die Ganglionzellen in der Netzhaut des Auges. Werden diese mit ausreichend Tageslicht versorgt, reguliert sich die innere Uhr. Das ist darin begründet, dass im Großteil der menschlichen Geschichte kein künstliches Licht verfügbar war und sich daher die Entwicklung des Körper vor allem auf natürliches Licht und Dunkelheit eingestellt hat.
Typische Beleuchtungsstärken im Innenbereich liegen bei ca. 300 Lux. Sitzt man an einem Fenster sind es ca. 3.000 Lux – und draußen sogar ca. 10.000 bis 100.000 Lux. Die Beleuchtungsstärke im Außenbereich ist problemlos in der Lage, den zirkadianen Rhythmus des Körpers ins Gleichgewicht zu bringen.
Dunkelheit als Grundlage für erholsamen Schlaf
Als Gegenstück für das gute Funktionieren der inneren Uhr und erholsamen Schlaf ist Dunkelheit. Schlafunterbrechungen machen uns weniger produktiv, lassen uns mehr Fehler machen und wirken sich negativ auf die Konzentrationsfähigkeit und Gedächtnisleistung aus, Geübtes wird verankert, Dinge im Gehirn werden neu sortiert.
„Nachts, wenn Sie schlafen, ist im Körper die Hölle los“, so Dieter Kunz im Interview. Um den Körper optimal für einen gesunden Schlaf zu unterstützen, gilt vor allem für lichtdurchflutete Dachgeschosse: Licht muss abends draußen bleiben. Denn es signalisiert dem Körper: Bitte wachbleiben. Generell empfehlen Experten eine möglichst dunkle Schlafumgebung. Sorgen Sie daher besonders in Ihrem Schlafzimmer für angenehme Dunkelheit mit Verdunkelungsrollos für Dachfenster.
Tageslicht und Dunkelheit beeinflussen Ihre innere Uhr. Diese ist wichtig für einen gesunden, erholsamen Schlaf.
Gesunder Schlaf: Natürliches Aufwachen für den richtigen Rhythmus
Auch der Tagesrhythmus von „frühen“ und „späten“ Menschen - sogenannten „Lerchen“ und „Eulen“ - basiert auf der Inneren Uhr, erklärt Dr. Dieter Kunz. So ticken die Zellen der „Eule“ nicht auf einem 24 Stunden-Rhythmus, sondern eher auf einem 25-26 Stunden-Rhythmus. Der Tag der Lerche dauert eher 22-23 Stunden.
Umprogrammieren kann man dies sicherlich nicht so einfach, so Kunz. Aber es lassen sich einfache Stellschrauben nutzen, um etwas zu verändern. Um mit dem normalen 24 Stunden-Tag übereinzustimmen, muss diese Verschiebung der inneren Uhr quasi jeden Tag neu getaktet werden. Das funktioniert vor allem durch Licht und Dunkelheit („Zeitgeber“). Ohne diese Zeitgeber würden diese Menschen durcheinander kommen.
Was passiert bei einer Störung der inneren Uhr
- Klassische Dachfenster
- Attraktive Lichtlösungen
- Rollos, Hitzeschutz-Markisetten, Rollläden
- Smarthome-Produkte
- Photovoltaik-Integration
Gesundheitsrisiken durch den falschen Tagesrhythmus
Vor allem bei Schichtarbeitern, die oft nicht ausreichend Tageslicht und einen ständigen Wechsel des Tagesrhythmus ausgesetzt sind, werden gesundheitliche Risiken beobachtet. Das regelmäßige Brechen mit dem Körper-Rhythmus und das Ignorieren der Taktgeber Tageslicht und Dunkelheit kann zu schweren körperlichen Problemen führen.
„Das ist so, wie wenn jemand Sand in das Schweizer Uhrwerk geschmissen hat und dann knirscht es hier, knirscht es da – und dann geht irgendwann die Sollbruchstelle des menschlichen Körpers zu Bruch", so Dr. Dieter Kunz. Er führt die Auswirkungen drastisch vor Augen: „Schichtarbeiter haben ein erhöhtes Risiko für jede Erkrankung, die bisher untersucht worden ist.“
Licht zum falschen Zeitpunkt des Rhythmus ist einer der ausschlaggebenden Punkte, die die Schichtarbeit so ungesund machen. In weniger hohem Maß stören daher auch Laptops, Smartphones und Fernseher vor dem Schlafengehen mit ihrem künstlichen, oft blauen Licht diesen Rhythmus.
Selbst die Wirkung von Medikamenten reagiert auf die innere Uhr
Die großen Auswirkungen auf den menschlichen Körper zeigt auch ein sich grade in Entwicklung befindlicher Bluttest, schildert Dr. Kunz. Mit einer einfachen Blutentnahme soll feststellt werden, an welcher Stelle des zirkadianen Rhythmus sich der Mensch grade befindet. Das befähigt den Arzt, „dessen weitere Blutwerte und Befunde im Blut anders bewerten. Denn es gibt viele Parameter im Blut, die um den Faktor 10, 20 oder 30 variieren im 24-Stunden Rhythmus“.
Das heißt: Wenn man weiß, wo sich diese Person innerhalb des Rhythmus grade befindet, kann man diese Blutwerte auch viel besser einordnen. Außerdem funktionieren die Rezeptoren zu unterschiedlichen Zeiten anders je nach Zeit der inneren Uhr – Medikamente kann man damit abgestimmt besser und effizienter einsetzen. Besonders relevant ist das bspw. bei der Chemotherapie, so Dr. Kunz.
Auswirkung der Gebäudeplanung auf die innere Uhr
Da wir uns 90 Prozent unserer Zeit in Gebäuden befinden, ist dort die ausreichende Versorgung mit Tageslicht und Dunkelheit natürlich besonders wichtig. Dr. Kunz äußert deutliche Kritik an der heutigen Gestaltung von Gebäuden: „Ich behaupte, dass der Tag kommen wird, dass wir uns totlachen werden über Gebäudeplanung inklusive heute noch.“
Bei Beleuchtung in Räumen verläuft die Planung oft nach ästhetischen Gesichtspunkten. Aber auch, wenn wir etwas schön oder ästhetisch finden, ist das oft ein Ausdruck davon, dass es gesund für unseren Körper sein kann. Wenn wir etwas nicht schön finden, wenn etwas kein Wohlbefinden auslöst, ist das oft ein Symptom dafür, dass es schlecht für unseren Körper ist, führt der Chronobiologe aus. „Wenn ich etwas ästhetisch schön finde, hat es wahrscheinlich einen biologischen Eindruck.“
Dass die Gestaltung von Gebäuden nicht die ausreichende Versorgung mit Tageslicht berücksichtigt, und damit das Funktionieren des zirkadianen Rhythmus fördern, sieht Kunz als kritisch für die allgemeine Gesundheit: „Ich bin davon überzeugt, dass wir einen wesentlichen Beitrag zur Gesundheit der Allgemeinbevölkerung beitragen können, wenn Räume – nämlich die, in denen wir uns die ganze Zeit bewegen – so mit Beleuchtung ausgestattet sind, dass unser zirkadianes System optimal funktioniert.“ Doch Kunz bleibt auch hier optimistisch, dass wir hier reagieren können: “Ich sehe überhaupt keinen Grund, warum das nicht erreicht werden sollte.“
Das Gespräch mit Dr. Kunz und viele Studien zeigen, wie wichtig eine funktionierende innere Uhr ist. Der zirkadiane Rhythmus hat Auswirkungen auf unseren Körper, die sich nicht nur in Wachheit oder Müdigkeit ausdrücken. Eine „funktionierende“ innere Uhr schützt uns vor Unwohlsein und Krankheiten, vor gesundheitlichen Risiken und sorgt für hohe Leistungsfähigkeit und gute Laune. Daher sollten Sie in Ihrem Alltag unbedingt auf die ausreichende Versorgung mit Tageslicht genau wie mit Dunkelheit achten.
- Jeder Raum in Ihrem Zuhause hat seine Funktion, aber mit Tageslicht können Sie alle Räume umgestalten
- Lassen Sie sich von den Möglichkeiten inspirieren, angenehmen, gemütlichen und gesunden Wohnraum zu schaffen